Ab 1. Juli ist der umstrittene Nicht-invasive Pränataltest (NiPT) Bestandteil der Mutterschafts-Richtlinien und wird somit von den Krankenkassen finanziert. Die Politische Interessenvertretung behinderter Frauen im Weibernetz kritisiert diese Entscheidung massiv. „Der in der Durchführung einfach daherkommende Bluttest für Schwangere soll Auskunft geben, ob bei dem Fötus eine Trisomie vorliegt. Und wenn das Ergebnis positiv ist? Dann muss die einzelne Frau eine Entscheidung über das Lebensrecht treffen. Dabei geht es um eine gesamtgesellschaftliche Entscheidung“, empört sich Martina Puschke von der Leitung der Interessenvertretung.
Die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom August 2021, mit diesem Bluttest den Regelkatalog pränataler Untersuchungen zu erweitern, wurde trotz Protest aus Reihen der Zivilgesellschaft getroffen – ohne vorherige Debatte im Bundestag. Der medizinische Nutzen zur Erhaltung, Wiederherstellung oder Besserung der Gesundheit der schwangeren Frau ist beim NiPT nicht gegeben. Dieser ist laut Sozialgesetzbuch V jedoch Voraussetzung für Kassenleistungen. De facto wird der Test nun von der Solidargemeinschaft Krankenkasse finanziert und dient reinen Selektionszwecken.
„Um es klar zu sagen: Wir sind für das Selbstbestimmungsrecht der Frau auf Abtreibung. Aber eine selektive Wahl des Ungeborenen ist eine andere Nummer. Selektion basiert auf ableistischen Annahmen über das Leben mit Behinderung. Selektives Handeln stellt das Lebensrecht Ungeborener mit einer vermuteten Behinderung und damit im Grunde auch das Lebensrecht von Menschen mit dieser Behinderung in Frage. Das ist eine politische Debatte, die auch vor dem Hintergrund der Einhaltung von Menschenrechten, in der Gesellschaft partizipativ geführt werden muss“, so Puschke abschließend.
Die bundesweite Politische Interessenvertretung behinderter Frauen im Weibernetz e.V. streitet für die Verbesserung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen mit Beeinträchtigung. Sie setzt sich gezielt für die Stärkung der Gleichstellung, der Gleichberechtigung und des Gewaltschutzes durch Partizipation und Vernetzung ein. Gefördert wird die Interessenvertretung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
V.i.S.d.P. Martina Puschke
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