Anlässlich des `Holocaust`-Gedenktag am 27. Januar nahmen Vertreterinnen des Weibernetz an der Gedenkveranstaltung am Gedenk- und Informationsort T4 in Berlin teil und legten für den Deutschen Behindertenrat (DBR) einen Kranz nieder.
Weibernetz leitet 2023 das Sekretariat des Deutschen Behindertenrats. Die DBR-Sprecher*innenratsvorsitzende von Weibernetz, Dr. Sigrid Arnade mahnte: "Solche grausamen Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen sich keinesfalls wiederholen“. Sie legte gemeinsam mit Martina Puschke, diesjährige Koordinatorin des DBR-Arbeitsausschusses, den Kranz für den DBR nieder.
Auch Brigitte Faber und Lela Finkbeiner von der Politischen Interessenvertretung behinderter Frauen im Weibernetz waren vor Ort und repräsentierten Weibernetz und das DBR-Sekretariat: Brigitte Faber als stellvertretende Koordinatorin des DBR-Arbeitsausschusses und Lela Finkbeiner als Zuständige für den DBR-Twitter-Account und für inhaltliche Zuarbeiten.
Der Bundesbehindertenbeauftragte Jürgen Dusel hatte zur Gedenkveranstaltung am Gedenk- und Informationsort T4 in der Tiergartenstraße 4 in Berlin eingeladen, der viele Verbände und Politiker*innen folgten, auch Weibernetz Vorstandsfrau Dörte Gregorschewski.
In der Tiergartenstraße 4 befand sich die geheime „Zentraldienststelle“ der Nationalsozialisten. Hier wurden die „Euthanasie“-Morde von Menschen, die als behindert oder psychisch krank eingestuft wurden, geplant. Etwa 300.000 Menschen wurden in der Folge ermordet und 350.000 bis 400.000 behinderten Menschen zwangssterilisiert.
Nach der Kranzniederlegung las Helga Schubert nach einem musikalischen Beitrag aus ihrem Buch: Die Welt da drinnen: Eine deutsche Nervenklinik und der Wahn vom „unwerten Leben“. Helga Schubert ist es in ihrem Buch durch eine Mischung von Fakten und Fiktion gelungen, die unglaublichen Ermordungen und Zwangssterilisationen sehr dicht und nah zu schildern. Sehr berührend, traurig, aufrüttelnd. Und mutmachend, sich täglich für den Demokratieerhalt einzusetzen.
Ein paar hundert Meter weiter wurde im Berliner Tiergarten der Menschen gedacht, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität im Nationalsozialismus verfolgt, inhaftiert, gefoltert und ermordet wurden. Am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wurden ebenfalls viele Trauerkränze niedergelegt. In diesem Jahr versammelten sich hier besonders viele Politiker*innen, denn morgens gedachte der Bundestag erstmals in seiner jährlich stattfindenden Gedenkstunde anlässlich des `Holocaust`-Gedenktags den Opfern, die in der NS-Zeit Gräueltaten erlebten, weil sie lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, intergeschlechtlich oder queer (LSBTIQ*) gelebt haben. Exemplarisch wurden im Bundestag die Leiden eines schwulen Mannes und die Ermordung einer lesbischen Frau in den Mittelpunkt gestellt.
In vielen Medien wurde jedoch leider nur die Verfolgung schwuler Männer infolge des Paragrafen 175 fokussiert, nach dem homosexuelle Handlungen schwuler und bisexueller Männer unter Strafe standen – ein Paragraf, der übrigens erst 1994 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde! Das Unrecht und Leid vieler lesbischer Frauen wurde in den Medien, obwohl in der Gedenkstunde im Bundestag explizit dargelegt, sehr oft nicht genannt.
Das Gedenken aller Opfer der NS-Zeit bleibt wichtig, um sich zu erinnern und zu mahnen. Mindestens genauso wichtig ist es, heutigen Strömungen von Antisemitismus, Rassismus, Ableismus, Behindertenfeindlichkeit, Homo-, Trans- und Biphobie, Antiziganismus und weiterer –ismen aktiv zu begegnen.
Oberes Foto: Dr. Sigrid Arnade und Martina Puschke bei der Kranzniederlegung für den Deutschen Behindertenrat.
Mittleres Foto: Team der Politischen Interessenvertretung behinderter Frauen im Weibernetz mit der DBR-Sprecher*innenratsvorsitzenden vor der blau durschsichtigen Wand des Gedenk- und Informationsort T4: Martina Puschke, Lela Finkbeiner, Brigitte Faber und Dr. Sigrid Arnade.
Unteres Foto: Kranz des DBR mit weißen und blauen Blumen und einer Schleife „In Gedenken Deutscher Behindertenrat“ vor einer blau durchsichtigen Wand.