In Zeiten, in denen der von vielen angestaubt geglaubte Feminismus eine Renaissance erlebt und es wieder angesagt ist, sich als Feministin zu outen, scheint dieser Trend an der Behindertenpolitik vorbei zu gehen.
Nach den Fortschritten im Sozialgesetzbuch 9 und in der UN-Behindertenrechtskonvention tun sich aktuell Gräben auf bei der Evaluierung des Behindertengleichstellungsgesetzes oder im aktuellen Teilhabebericht der Bundesregierung.
Hinsichtlich des Behindertengleichstellungsgesetzes wird derzeit diskutiert, ob es noch zeitgemäß sei, im Gesetzestext auf die Berücksichtigung der besonderen Belange behinderter Frauen hinzuweisen. Denn die Meisten wüssten eh nicht, was denn überhaupt frauenspezifische Belange seien.
Oder nehmen wir den neuen Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen. Dieser soll zwar der Frage nachgehen, inwieweit Frauen und Männer mit Beeinträchtigungen Nachteile aufgrund ihres Geschlechts erfahren. Es gibt auch diverse geschlechtsdifferenzierte Statistiken. Doch im Text wird oft auf eine Geschlechterdifferenzierung verzichtet, bei manchen Themenfeldern fehlt sie fast gänzlich. So entsteht bei flüchtigem Lesen der Eindruck der Gleichheit zwischen den Geschlechtern.
Es wäre ein Rückschritt, wieder hinter die Zeit des alten Jahrtausends zurück zu fallen und überall verallgemeinernd den Terminus Menschen mit Behinderungen zu verwenden. Antidiskriminierungspolitik ist nicht eindimensional; ebenso wenig kann und darf es Behindertenpolitik sein.
Eine fortschrittliche, vorwärts-gewandte Behindertenpolitik muss vielmehr durchgängig mehrdimensionale Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der sexuellen Identität, des Alters, des Geschlechts, der Religion etc.zunächst einmal wahrnehmen und gemeinsam mit den unterschiedlich diskriminierten Menschen nach Lösungen suchen!
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