Die gesundheitliche Versorgung ist in Deutschland mehrheitlich nicht barrierefrei organisiert. Dies ist nicht nur ein Problem in Bezug auf Qualität und Umfang der Versorgung, sondern auch ein Problem der Umsetzung von bestehenden Gesetzen. Menschen mit Behinderung können ihre verbrieften Rechte nicht wahrnehmen.
„Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland ein Qualitätsproblem im Gesundheitssystem solange Ärztinnen und Ärzte nicht barrierefrei praktizieren. Zudem haben wir ein Rechtsvollzugsproblem, denn bestehende Normen werden nicht umgesetzt.“
so Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (Pressemitteilung vom 07.08.2020).
Aus rechtlicher Sicht ist die gleichwertige Versorgung von Menschen mit Behinderung in Deutschland grundsätzlich sichergestellt. Und zwar sowohl in Bezug auf die qualitative Versorgung als auch die Zugänglichkeit.
Denn auch in der gesundheitlichen Versorgung gelten das grundsätzliche Diskriminierungsverbot im Grundgesetz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (GG Art. 3 Absatz 3 Satz 2), sowie das Diskriminierungsverbot und Teilhabegebot im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) §1.
Darüber hinaus gibt es versorgungsbezogenen Regelungen in den Sozialgesetzbüchern I und V. Das Sozialgesetzbuch (SGB) I ist grundlegend für alle weiteren Sozialgesetzbücher und somit eine bindende Vorgabe auch für die Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung welche im SGB V geregelt werden.
In SGB I § 17 legt der Gesetzgeber fest, dass „… Sozialleistungen in barrierefreien Anlagen und Räumen ausgeführt werden.“ (SGBI § 17 Absatz (1) Nummer 4.). Darüber hinaus haben Menschen mit einer Hör- und / oder Sprachbehinderungen das Recht „… in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren.“ (SGB I § 17 Absatz (2).
In dem SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung – ist der rechtliche Rahmen für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt. Dort steht „Den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen ist Rechnung zu tragen“ (SGB V § 2a), erweitert um den Personenkreis der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen „Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen.“ (SGB V § 27 Absatz 1 Satz 3).
Über die Barrierefreiheit von vertragsärztlichen Praxen müssen die Kassenärztlichen Vereinigungen im Internet bundeseinheitlich und in geeigneter Weise informieren (SGB V § 75 Absatz 1a). Und nicht zuletzt muss die gesundheitliche Versorgung geschlechtersensibel erfolgen „… Bei den Leistungen der Krankenkassen ist geschlechtsspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen.“ (SGB V § 2b).
Insbesondere die UN-Behindertenrechtskonvention, die seit März 2009 in Deutschland geltendes Recht ist, beschreibt deutlich, welche Kriterien für eine gleichwertige gesundheitliche Versorgung erfüllt sein müssen.
In Artikel 25 Gesundheit heißt es
„(…) Insbesondere:
a) stellen die Vertragsstaaten unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard zur Verfügung wie anderen Menschen, einschließlich sexual- und fortpflanzungsmedizinischer Gesundheitsleistungen und der Gesamtbevölkerung zur Verfügung stehender Programme des öffentlichen Gesundheitswesens;
(…)
c) bieten die Vertragsstaaten diese Gesundheitsleistungen so gemeindenah wie möglich an, auch in ländlichen Gebieten;
(…)“
Dieser Artikel ist verschlagwortet mit: