Geschafft: Gewalthilfegesetz vom Bundestag beschlossen

Zeichenpuppe aus Holz hält abwehrend/schützend die Hände vor den Körper
Foto: Weibernetz

Am Abend des 31. Januar 2024 war es soweit: Eine Mehrheit im Bundestag hat das Gewalthilfegesetz verabschiedet. Damit endete dieser denkwürdige Sitzungstag doch noch mit einem guten Beschluss.
Weibernetz bewertet den geschaffenen Rechtsanspruch auf Hilfe und Unterstützung im Frauenhaus und in Frauenberatungsstellen als Erfolg, auch wenn im Vorfeld Kompromisse eingegangen werden mussten.

Selbst zu Beginn der letzten Woche bei der Anhörung im Bundestagsausschuss Familie, Senioren, Frauen und Jugend war der Erfolg noch nicht absehbar. Zwar wurde deutlich, dass alle demokratischen Fraktionen Verbesserungen im Gewaltschutz befürworten. Aber es gab durchaus Differenzen. In der Nacht zum Mittwoch wurde schließlich ein Kompromiss zwischen Grünen und SPD mit der CDU/CSU gefunden. Dieser hat am Freitag schließlich die Mehrheit dieser drei Fraktionen mit Stimmen der Linken gefunden. Wir bei Weibernetz hatten in den letzten Monaten erhebliche Zweifel, ob das noch gelingen kann, auch wenn wir die Hoffnung natürlich nie aufgegeben haben.

Möglich wurde der Kompromiss letztlich auch durch die starke Zivilgesellschaft, der Frauenbewegung und starken Bündnissen wie dem Bündnis Istanbul Konvention, in vorderster Linie der Frauenhauskoordinierung und der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser sowie dem Bundesverband der Frauenberatungsstellen und –notrufe. Denn sie streiten seit Jahrzehnten für eine einheitliche Finanzierung der Frauenhäuser und Beratungsstellen. Wir vom Weibernetz haben in den letzten beiden Legislaturperioden für Barrierefreiheit des Hilfesystems geworben, in allen Bündnissen und am Runden Tisch von Bund und Ländern gegen Gewalt an Frauen.

Konkrete Änderungen

Es wird erstmalig einen Rechtsanspruch auf Hilfe und Unterstützung im Frauenhaus und Beratung für Frauen und ihre Kinder nach erlebter geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt geben. Das ist ein echter Meilenstein! Die Hilfe wird kostenfrei für die Nutzerinnen erfolgen. Außerdem müssen die Länder bis 2032 ausreichend Frauenhäuser und Beratungsstellen zur Verfügung stellen unter Berücksichtigung der Barrierefreiheit. An der Finanzierung beteiligt sich erstmals der Bund.

Zu den Wehrmutstropfen zählt: Wir bei Weibernetz hatten erwartet, dass es im Gesetz eine Festlegung für Barrierefreiheit im kompletten Frauenhilfesystem geben wird. Es ist jetzt nur eine Soll-Vorschrift. Wir sind in dieser Legislaturperiode jedoch so weit gekommen, wie wir noch nie vorher waren und es ist real zu befürchten, dass wir in der nächsten Regierungsrunde nicht mehr bekommen hätten.

Wir sehen derzeit, dass Barrierefreiheit beim Neu- und Umbau, von Frauenhäusern und Beratungsstellen einen hohen Stellenwert hat. Das gilt insbesondere, wenn sich der Bund an der Finanzierung beteiligt. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse des Bundesinvestitionsprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“, welches ebenfalls am oben genannten Runden Tisch gegen Gewalt an Frauen entwickelt wurde. Von den knapp 70 Vorhaben, die dort finanziert wurden, haben mehr als 40 Frauenhäuser einen Um- oder Neubau für mehr Barrierefreiheit realisiert. Es geht also endlich voran, auch wenn wir natürlich mehr Tempo fordern.

Besonders gravierend treffen die Kompromisse trans, inter und nicht-binäre Personen. Sie erleben besonders häufig geschlechtsspezifische Gewalt und sind nun bei der Zielgruppenbegrenzung hinten über gefallen. Der Schutz für geflüchtete Frauen mit prekärem Aufenthaltsstatus ist bereits im Laufe des Gesetzgebungsverfahren hinten über gekippt. Hier und im Bereich der verpflichtenden Barrierefreiheit bedarf es bereits jetzt dringender Nachbesserungen, denn geschlechtsspezifischer Gewaltschutz ist ein Menschenrecht und damit nicht teilbar. Er muss für alle gelten, wie es die Istanbul Konvention vorsieht.

Die abschließende Hürde muss nun im Bundesrat genommen werden. Dieser stimmt am 14. Februar über das Gesetz ab.

Wir fordern alle Länder auf, dem Gewalthilfegesetz ihre Zustimmung zu geben. Es ist überfällig!



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