Dürfen Stellenangebote nur für Frauen mit Behinderungen ausgeschrieben werden? Kann ich eine Stelle oder eine Wohnung einklagen, wenn ich als behinderte Frau abgewiesen wurde?
Antworten auf diese und weitere Fragen von Weibernetz.
Es darf weiterhin Projekte nur für Frauen mit Behinderungen geben.
Laut Paragraf 5 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind positive Maßnahmen zulässig,
"wenn durch bestehende Nachteile wegen eines in § 1 genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen".
Da Frauen mit Behinderungen in vielen Bereichen gegenüber Männern und nichtbehinderten Frauen gesellschaftlich benachteiligt sind, darf es weiterhin reine Projekte für Frauen mit Behinderungen geben.
Dasselbe gilt für Frauenbuchläden, Treffpunkte für Lesben und Schwule oder Menschen mit Migrationshintergrund und so weiter. Es können sich zum Beispiel auch weiterhin Männer nicht in einen Frauenbuchladen "einklagen" und Frauen nicht in eine Schwulensauna.
Grundsätzlich müssen Stellenangebote neutral ausgeschrieben werden.
Menschen mit Behinderungen dürfen nach dem Gesetz jedoch nicht benachteiligt werden. Sie dürfen aber bevorzugt werden, zum Beispiel im Falle von Stellenanzeigen.
Wenn beispielsweise eine Organisation von behinderten Frauen für Frauen mit Behinderungen eine Stelle ausschreibt, darf diese weiterhin explizit für Frauen mit Behinderungen ausgeschrieben werden, sofern es sachlich gerechtfertigt ist, dass diese Arbeit von einer behinderten Frau ausgeübt werden muss und/oder die Satzung Entsprechendes vorgibt.
Ja, solche Förderungen darf es weiter geben,
weil positive Maßnahmen zur Beseitigung von Nachteilen zulässig sind.
Grundsätzlich muss zunächst geklärt werden, aus welchen Gründen die Frau die Stelle oder die Wohnung nicht bekommen hat.
Nur wenn Arbeitgeber_innen oder Vermieter_innen deutlich gemacht haben, dass die Stelle oder die Wohnung aus Gründen der Behinderung oder des Geschlechts nicht vergeben wurde, gibt es eine Chance auf Verklagen. Wurde diese Begründung nicht genannt, greift das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht.
Auch wenn die Gründe Behinderung und/oder Geschlecht genannt wurden, ist zu fragen, ob die Stellenbesetzung wegen der Art der auszuübenden Arbeit an einen Mann oder eine nichtbehinderte Frau erfolgte.
Bei der Wohnungsvermietung kommt es unter anderem auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen. Erst wenn der Vermieter/die Vermieterin mindestens 50 Wohnungen vermietet, greift das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Ein Vermieter darf zum Beispiel eine barrierefreie Wohnung an einen nichtbehinderten Menschen vermieten, auch wenn sich eine Rollstuhlfahrerin beworben hat. Wenn der Vermieter über 50 Wohnungen vermietet, darf er jedoch nicht sagen, dass er die Wohnung nicht an eine Frau mit Behinderung vermieten wollte.
Private Versicherungen dürfen Niemanden mehr abweisen.
Sie dürfen jedoch zum Beispiel unterschiedliche Beiträge erheben, wenn diese unterschiedliche Behandlung (in diesem Fall der höhere Beitrag)
"auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen" (Paragraf 20 Absatz 2).
Die Versicherung muss also eine anerkannte Statistik vorlegen, aus der hervorgeht, dass zum Beispiel beim Abschluss einer Unfallversicherung, das Unfallrisiko dieser Frau mit Behinderung größer ist als bei Menschen ohne diese Beeinträchtigung. Kann die Versicherung diese Statistik nicht vorlegen, muss sie die Frau zu den gleichen Bedingungen versichern, wie alle anderen Kund_innen.
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